Guter Ruf des Transplantationszentrums Essen gewahrt Wegen des Verdachts des verbotenen Organhandels hat die Essener Staatsanwaltschaft eineinhalb Jahre lang gegen Patienten und Organvermittler aus Israel sowie Nierenspender aus Osteuropa ermittelt. Nun haben die Strafverfolger das Verfahren eingestellt – und offenbart, wo die Grenzen derartiger Ermittlungen liegen. Von Klaus-Peter Görlitzer Die Hadassah-Universitätsklinik in Jerusalem gilt als gute Adresse für transplantierte PatientInnen. Doch nicht alle dort Versorgten sind auch in Israel operiert worden: Jede/r vierte, berichtete Hadassah-Transplantationskoordinator Michael Friedlaender im Fachblatt The Lancet, habe die fremde Niere im Ausland gekauft, etwa in Indien, Irak, USA, Osteuropa oder der Türkei. Solche Geschäfte finden israelische Krankenkassen offenbar in Ordnung, sie erstatten jedenfalls pauschal einen Teil der Transplantationskosten. An der Hadassah-Universität lehrt, nebenher, auch ein renommierter Professor aus Deutschland: Christoph E. Broelsch, Chef des Transplantationszentrums Essen. Sein Kontakt nach Israel sorgte wohl für einen guten Ruf: Über zwanzig Israelis reisten bis Ende 2001 nach Essen, um sich im Uniklinikum Körperteile gesunder Spender übertragen zu lassen. Drei Nierenverpflanzungen kamen der Essener Staatsanwaltschaft zeitweilig verdächtig vor (Siehe BIOSKOP Nr. 21); jedenfalls hat sie untersucht, ob die israelischen Organempfänger Geld an die "Spender" aus Moldawien und der Ukraine sowie Vermittler aus Israel gezahlt haben. Ende Juni, nach eineinhalbjährigen Ermittlungen gaben die Strafverfolger bekannt: "Das Verfahren ist nun mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden." Begründung: "Konkrete Beweise" für Geldzahlungen hätten sich in keinem der untersuchten Fälle ergeben. Nicht ermittelt worden sei gegen die operierenden Ärzte. "Diese hatten", so die Staatsanwaltschaft, "nach den ihnen bekannten Umständen keine Hinweise auf einen illegalen Organhandel vorliegen." Andere schon: Die Wochenzeitung Die Zeit hatte im Dezember 2002 Strukturen, Opfer und Profiteure des internationalen Organhandels beleuchtet. In dem Dossier hieß es auch: "Nach der Statistik des israelischen Krankenkassen-Managers Rosenfeld wurden in den vergangenen zwei Jahren sieben gekaufte Nieren in Deutschland transplantiert, alle in Essen." Ob sich dies auf die drei überprüften Fälle bezieht, ist unklar: Die Staatsanwaltschaft sagt, sie habe trotz des Zeit-Dossiers keinen Anlass gesehen, Alfred Rosenfeld zu vernehmen – dessen Darstellung steht also weiterhin unwiderlegt im Raum. Wo die Grenzen derartiger Ermittlungen liegen, zeigt ein weiterer, ebenfalls eingestellter Fall. Im November 2001 waren ein israelischer Nierenpatient und ein spendewilliger Mann aus Moldawien im Transplantationszentrum Essen erschienen. Gutachter der Universität lehnten die gewünschte Operation jedoch ab; sie bezweifelten, dass die Männer verwandt seien und zwischen ihnen jene enge emotionale Bindung bestehe, die das deutsche Transplantationsgesetz verlangt. Beide wussten sich zu helfen, sie fuhren nach Jena weiter. Dort hatte die damals noch provisorische Prüfkommission keine Einwände; Anfang Dezember 2001 wurde im Jenaer Klinikum eine Niere des Moldawiers in den Körper des Israeli übertragen, wobei einer der Operateure eigens aus Essen angereist war: Prof. Broelsch. Hintergrund
nicht aufgeklärt
© KLAUS-PETER GÖRLITZER, 2004 Alle Rechte vorbehalten Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Autors |
aus: BIOSKOP Nr. 27 (September 2004) |