Blutiges Business
Organhandel: Weltweit boomt das
Geschäft mit menschlichen Körperteilen,
von Lebenden gegen Bares "gespendet".
Der Europarat will den Händlern
das Handwerk legen.
Von Klaus-Peter Görlitzer
Der illegale Handel
mit menschlichen Körperteilen, die für Transplantationen nachgefragt
werden, gehört weltweit zu den Wachstumsbranchen. Das belegt ein Report
der Schweizer Politikerin Ruth-Gaby Vermot- Mangold, den sie für den
Europarat erstellt hat. "Internationale kriminelle Organisationen", berichtet
die Berner Sozialdemokratin, "haben die lukrative Lücke entdeckt und
setzen Menschen in extremer Armut, besonders in Osteuropa, unter Druck,
ihre Organe zu verkaufen." Zum illegalen Netzwerk sollen auch Mediziner
und Pflegekräfte gehören.
"Moldawier verkaufen Nieren an ausländische
Dialysepatienten"
In Moldawien, wo das durchschnittliche
Monatseinkommen bei umgerechnet 30 US-Dollar liegt und jeder zweite erwerbslos
ist, hat Vermot-Mangold selbst recherchiert, in Ministerien, Kliniken und
Dörfern. Dort traf sie auf junge Männer, die - von kriminellen
Vermittlern unterstützt - ihre Nieren an ausländische Dialyse-Patienten
verkauft hatten. Während die Männer zwischen 2.500 und 3.000
Dollar für ihre eigenen Organe erhielten, sollen die Empfänger
bis zu 200.000 Dollar bezahlt haben. Die Transplantationen fanden laut
Report jeweils in der Türkei in angemieteten Klinikabteilungen statt;
operiert hätten Chirurgen aus dem In- und Ausland.
Nach Entnahme ihrer Niere seien die "Lebendspender" lediglich fünf Tage versorgt und dann per Autobus nach Moldawien zurückgebracht worden; eine medizinische Nachsorge im Heimatland gebe es nicht. "Die meisten Organgeber werden mittelfristig gezwungen sein, mit der Dialyse zu leben oder auf eine Nierentransplantation zu warten", zitiert Vermot-Mangold den Leiter einer Dialysestation in der moldawischen Hauptstadt Chisinau.
Moldawien ist kein Einzelfall. Organhändler betreiben laut Report auch in anderen osteuropäischen Staaten, etwa in Bulgarien, Georgien, Rumänien, Russland und der Ukraine ihr Geschäft. Der Markt dafür scheint groß angesichts von fast 40.000 Patienten, die allein in Westeuropa auf der Warteliste für eine Nierentransplantation stehen.
Den Organhandel will Vermot-Mangold bekämpfen. Dazu hat sie Empfehlungen ausgearbeitet, die am 25. Juni von der Parlamentarischen Versammlung (PV) des Europarats in Straßburg beschlossen und anschließend den Außenministern der 45 Mitgliedstaaten vorgelegt werden sollen. Die Vorschläge zielen darauf, gesetzliche Schlupflöcher zu stopfen. Zum Beispiel soll überall in Europa klargestellt werden, dass Mediziner, die gekaufte Körperteile verpflanzen, strafrechtlich verfolgt werden; zudem soll ausgeschlossen werden, dass Krankenversicherungen den Organkäufern Kosten für Operationen und medizinische Nachbetreuung erstatten.
Für politischen Zündstoff dürfte die zentrale Empfehlung Vermot-Mangolds sorgen: Sie fordert den Europarat auf, den "beunruhigenden Trend" zur Lockerung gesetzlicher Regeln in einigen Staaten Westeuropas zu "missbilligen". Gemeint sind Vorhaben wie in der Schweiz, die Lebendorganspenden künftig auch zwischen Menschen erlauben will, die weder verwandt sind noch sich nahe stehen.
Derartige Ideen, deren Realisierung
den ohnehin schwer nachweisbaren Organ-Geschäften Vorschub leisten
könnten, werden auch in Deutschland propagiert - nicht nur von Chirurgen.
Selbst der Vorsitzende der "Ständigen Kommission Organtransplantation"
der Bundesärztekammer, der Göttinger Strafrechtsprofessor Hans-Ludwig
Schreiber, plädiert dafür, das Transplantationsgesetz zu ändern
und Lebendspenden zwischen Unbekannten zuzulassen.
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