Mit Genproben forschen

Von Klaus-Peter Görlitzer
Menschliche Körpersubstanzen sind für Genforscher und Pharmafirmen eine unverzichtbare Ressource. Laut geplantem Gendiagnostikgesetz dürfen sie Blut- und Gewebeproben sammeln und molekulargenetisch analysieren, wenn der "Spender" nach "allgemein verständlicher" Aufklärung eingewilligt hat. Ein therapeutischer Nutzen für die Betroffenen muss dabei nicht angestrebt werden, und dies soll auch für Kinder gelten: Stimmen ihre Eltern zu, dürfen sie auch in fremdnützige genetische Studien einbezogen werden.

   Die Einwilligung soll, muss aber nicht schriftlich erfolgen; es ist möglich, sie auf bestimmte Forschungszwecke oder -bereiche zu beschränken. Das klingt transparent, bleibt aber hinter dem etablierten Standard für klinische Forschung zurück: Denn der Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMGS) verlangt nicht, dass "Spender" von Körpersubstanzen und Daten über jede einzelne Studie informiert werden und ihr Einverständnis für jedes Projekt bestätigen müssen.

   Überflüssig soll eine Einwilligung immer dann sein, wenn Forscher die genetischen Proben und Daten "anonymisiert" haben. Dies suggeriert jedoch Sicherheiten, die es in der Praxis nicht gibt: "Das Ergebnis einer einzelnen Genomanalyse", erläuterten die Datenschutzbeauftragten Ende 2000 der Medizinethik-Enquetekommission des Bundestages, "kann auch ohne die beigefügte Zuordnung zu einer Person oder einer personenbezogenen Probe immer durch eine spätere Referenzanalyse wieder re-individualisiert werden – ebenso wie ein Fingerabdruck."

   Zudem wirken Forschungsergebnisse nicht nur auf namentlich bekannte Studienteilnehmer. Kommt etwa ein Gentest auf den Markt, entwickelt auf Basis verschlüsselter Blutproben und Daten von Menschen mit einer bestimmten Krankheit oder Behinderung, müssen alle Träger als "riskant" geltender Gene mit Konsequenzen rechnen – spätestens, wenn Krankenkassen, Versicherungen und Arbeitgeber den neuen Test zwecks "Risikoselektion" verlangen.


© KLAUS-PETER GÖRLITZER, 2005
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aus:
Rheinische Post

2. Februar 2005



 
 
 
 
 
 

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