Datenschutzbeauftragter beanstandet Aktivitäten im Humangenetischen Institut der Würzburger Uni Die Aufklärung heimlicher Blutentnahmen und Forschungen mit geistig behinderten BewohnerInnen des Eisinger St. Josefs-Stifts (siehe BIOSKOP Nr. 8+9) ist ein wichtiges Stück vorangekommen: Nach Prüfung des Falles hat der bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter Humangenetikern der Universität Würzburg bescheinigt, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Der Strafprozess gegen die ehemalige Stiftsärztin hat im April begonnen. Der Richter spricht von einem "Präzedenzfall". Von Klaus-Peter Görlitzer "Ich habe die Verarbeitung von Patientendaten und die Auswertung von Blutproben behinderter Heimbewohner des Sankt-Josefs-Stifts in Eisingen durch das Institut für Humangenetik der Universität Würzburg beanstandet", teilte Vetters Behörde Ende März mit. Begründung unter anderem: "Eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen bzw. ihrer Betreuer, insbesondere zur Verwertung der Daten in einer Dissertation einer Doktorandin des Instituts, lag nicht vor." Fazit des obersten Datenschützers im Freistaat Bayern: "Datenschutzrechtlich liegt somit eine rechtswidrige Verarbeitung und Nutzung sensibler Patientendaten durch die Universität vor." Keine neuen Ermittlungen
Angesichts der Rechtslage sieht der Leitende Oberstaatsanwalt in Würzburg, Peter Schauff, auch nach der datenschutzrechtlichen Beanstandung keinen Anlass, die strafrechtlichen Ermittlungen gegen drei Würzburger Humangenetiker wieder aufzunehmen. Das Ermittlungsverfahren war Ende November 1999 eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte rund eineinhalb Jahre ermittelt und dabei lediglich eine "Verletzung von Privatgeheimnissen" durch die frühere leitende Ärztin des St. Josefs-Stifts feststellen können, welche die geschützten Daten und Blutproben von HeimbewohnerInnen an das Humangenetische Institut weitergegeben hatte. Fortsetzung ungewiss
Unabhängig von den gerichtlichen Bemühungen will endlich auch das St. Josefs-Stift einen Beitrag zur Aufklärung leisten, den beunruhigte Angehörige und BetreuerInnen über zwei Jahre vergeblich gefordert hatten. Anfang Juni, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, sollte eine Kommission eine Woche lang in Eisingen tagen. Die ExpertInnen sollen nach Angaben der Stiftsgeschäftsführer Ulrich Spielmann und Bernhard Götz u.a. folgende "relevante Untersuchungsfragen" beantworten: "In welchem Forschungszusammenhang standen die mit den Bewohnern des St. Josefs-Stifts entstandenen Dissertationen? Ging es darum, ein neues Diagnoseverfahren zu entwickeln?" © KLAUS-PETER GÖRLITZER, 2000 Alle Rechte vorbehalten Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Autors |
BIOSKOP Nr. 10 (Juni 2000)
"Gesundheits"Chipkarte
Die rot-grüne Bundesregierung will die Vision von der tragbaren Krankengeschichte ab 2006 wahr werden lassen. Auf der geplanten "Gesundheitskarte" sollen alle relevanten PatientInnendaten gespeichert werden können. Informationen über einen Modellversuch sowie Risiken und Nebenwirkungen dieses Verdatungsprojekts finden Sie hier |