aus: BIOSKOP Nr. 7 (September 1999)

Bioethik-Konvention gilt bald in
fünf europäischen Staaten
Beharrlicher Protest hat Beitritt Deutschlands verhindert


Die Bioethik-Konvention kann am 1. Dezember in Kraft treten. Allerdings gilt sie nur in jenen fünf Mitgliedstaaten des Europarates, die den Völkerrechtsvertrag ratifiziert haben. Deutschland zählt nicht dazu - zu stark waren bisher die Proteste von BürgerInnen und Verbänden gegen das Übereinkommen. Bleiben Bundesregierung und Bundestag bei ihrer Zurückhaltung? Oder werden sich die BefürworterInnen der Konvention doch noch durchsetzen?

Von Klaus-Peter Görlitzer
Dänemark hat sich als fünftes von 41 Mitgliedern des Europarates verpflichtet, seine Gesetze an die Bestimmungen der Bioethik-Konvention anzugleichen. Am 10. August hinterlegte Botschafter Arne Belling in Straßburg die Ratifizierungsurkunde für den Völkerrechtsvertrag, den zuvor auch Griechenland, San Marino, Slowenien und die Slowakei als ethischen Mindeststandard anerkannt hatten. Fast drei Jahre nach Verabschiedung des Konventionstextes liegen damit die fünf Ratifizierungen vor, die für das Inkraftsetzen des Übereinkommens erforderlich sind. Seine Inhalte sind ab Dezember ausschließlich in den Ratifizierer-Staaten verbindlich.

Drei Millionen Unterschriften gegen die Ratifizierung
    Die Nachricht aus Straßburg, die mitten in die Parlamentsferien platzte, blieb hierzulande ohne erkennbare Resonanz; Reaktionen gab es weder von der rot-grünen Bundesregierung noch aus den Fraktionen. In Schweigen hüllten sich auch ausgewiesene Konventionsbefürworter wie Bundesärztekammer, Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Verbände von Pharmaindustrie und Versicherungen.

    Bislang gehört die Bundesrepublik zur großen Mehrheit jener 36 Mitglieder des Europarates, die die Konvention bislang nicht ratifiziert haben. Allerdings haben seit 1997 insgesamt 24 Regierungen per Unterschrift angekündigt, sie würden die Ratifikation anstreben. Diesen Schritt haben weder die schwarz-gelbe noch die rot-grüne Regierung gewagt – was wesentlich am kontinuierlichen Protest liegen dürfte, den zahlreiche Initiativen und Verbände entfaltet haben. Gestützt auf rund drei Millionen Unterschriften, wenden sie sich vor allem dagegen, dass die Konvention erlaubt...
*...Arzneimitteltests und andere medizinische Experimente ohne therapeutischen Nutzen mit Menschen durchzuführen, die sich persönlich nicht äußern können. Das betrifft geistig behinderte, demenzkranke und bewusstlose Menschen ebenso wie Kinder;
*...Gentest-Ergebnisse an Arbeitgeber und Versicherungen weiterzuleiten;
*...Forschung und Gentests an Embryonen.

Enquete-Kommission zur Biomedizin in Startlöchern
    Ob die Bundesregierung ihren Kurs fortsetzt, ist fraglich. Unsicherheitsfaktor Nr. 1 ist das Forschungsministerium, in dem sich Ressortchefin Edelgard Bulmahn (SPD) inzwischen zur vorbehaltlosen Unterstützerin der Gentechnik gewandelt hat. Zudem steht ihr mit Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen ein Parteifreund zur Seite, der wiederholt den Beitritt Deutschlands zur Bioethik-Konvention gefordert hat. Dazu sucht er auch außerparlamentarische Bündnispartner: Zum Beispiel hat Catenhusen dem Vorstand der Bundesärztekammer ausdrücklich empfohlen, 1999 beim Bundestag Stimmung für die Unterzeichnung des Europarat-Abkommens zu machen.

    Wer dies ablehnt, kann sich auf die Floskeln der rot-grünen Koalitionsvereinbarung zur Bioethik-Konvention nicht verlassen. Das gilt auch für die Enquetekommission zu "Biomedizin und Menschenrechten" (siehe BIOSKOP Nr. 4, Seite 3), die SPD und Grüne noch im September im Bundestag beantragen wollen - nach einjährigem Tauziehen hinter den politischen Kulissen.

    Wie die Konvention und ihre Inhalte am besten zu stoppen sind, zeigt die Erfahrung der vergangenen fünf Jahre: Garanten dafür sind viele Menschen, die sich einmischen - und eine wachsame Öffentlichkeit.


© KLAUS-PETER GÖRLITZER, 1999
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