Bioethik-Konvention gilt
bald in
fünf europäischen
Staaten
Beharrlicher Protest hat
Beitritt Deutschlands verhindert
Von Klaus-Peter Görlitzer
Dänemark hat
sich als fünftes von 41 Mitgliedern des Europarates verpflichtet,
seine Gesetze an die Bestimmungen der Bioethik-Konvention anzugleichen.
Am 10. August hinterlegte Botschafter Arne Belling in Straßburg die
Ratifizierungsurkunde für den Völkerrechtsvertrag, den zuvor
auch Griechenland, San Marino, Slowenien und die Slowakei als ethischen
Mindeststandard anerkannt hatten. Fast drei Jahre nach Verabschiedung des
Konventionstextes liegen damit die fünf Ratifizierungen vor, die für
das Inkraftsetzen des Übereinkommens erforderlich sind. Seine Inhalte
sind ab Dezember ausschließlich in den Ratifizierer-Staaten verbindlich.
Drei Millionen Unterschriften
gegen die Ratifizierung
Die Nachricht aus Straßburg,
die mitten in die Parlamentsferien platzte, blieb hierzulande ohne erkennbare
Resonanz; Reaktionen gab es weder von der rot-grünen Bundesregierung
noch aus den Fraktionen. In Schweigen hüllten sich auch ausgewiesene
Konventionsbefürworter wie Bundesärztekammer, Deutsche Forschungsgemeinschaft
und die Verbände von Pharmaindustrie und Versicherungen.
Bislang gehört
die Bundesrepublik zur großen Mehrheit jener 36 Mitglieder des Europarates,
die die Konvention bislang nicht ratifiziert haben. Allerdings haben seit
1997 insgesamt 24 Regierungen per Unterschrift angekündigt, sie würden
die Ratifikation anstreben. Diesen Schritt haben weder die schwarz-gelbe
noch die rot-grüne Regierung gewagt – was wesentlich am kontinuierlichen
Protest liegen dürfte, den zahlreiche Initiativen und Verbände
entfaltet haben. Gestützt auf rund drei Millionen Unterschriften,
wenden sie sich vor allem dagegen, dass die Konvention erlaubt...
*...Arzneimitteltests und andere medizinische
Experimente ohne therapeutischen Nutzen mit Menschen durchzuführen,
die sich persönlich nicht äußern können. Das betrifft
geistig behinderte, demenzkranke und bewusstlose Menschen ebenso wie Kinder;
*...Gentest-Ergebnisse an Arbeitgeber
und Versicherungen weiterzuleiten;
*...Forschung und Gentests an Embryonen.
Enquete-Kommission zur
Biomedizin in Startlöchern
Ob die Bundesregierung
ihren Kurs fortsetzt, ist fraglich. Unsicherheitsfaktor Nr. 1 ist das Forschungsministerium,
in dem sich Ressortchefin Edelgard Bulmahn (SPD) inzwischen zur vorbehaltlosen
Unterstützerin der Gentechnik gewandelt hat. Zudem steht ihr mit Staatssekretär
Wolf-Michael Catenhusen ein Parteifreund zur Seite, der wiederholt den
Beitritt Deutschlands zur Bioethik-Konvention gefordert hat. Dazu sucht
er auch außerparlamentarische Bündnispartner: Zum Beispiel hat
Catenhusen dem Vorstand der Bundesärztekammer ausdrücklich empfohlen,
1999 beim Bundestag Stimmung für die Unterzeichnung des Europarat-Abkommens
zu machen.
Wer dies ablehnt, kann sich auf die Floskeln der rot-grünen Koalitionsvereinbarung zur Bioethik-Konvention nicht verlassen. Das gilt auch für die Enquetekommission zu "Biomedizin und Menschenrechten" (siehe BIOSKOP Nr. 4, Seite 3), die SPD und Grüne noch im September im Bundestag beantragen wollen - nach einjährigem Tauziehen hinter den politischen Kulissen.
Wie die Konvention und
ihre Inhalte am besten zu stoppen sind, zeigt die Erfahrung der vergangenen
fünf Jahre: Garanten dafür sind viele Menschen, die sich einmischen
- und eine wachsame Öffentlichkeit.